Familie Kohlberg

Am 22. März 1942 endete in Göttingen das Leben von Frau Toni Löwenherz aus Lauenförde mit der „Flucht in den Freitod“.  Das Leben von Toni Löwenherz währte nur 66 Jahre. Sie beendete es von eigener Hand als sie erfuhr, dass sie am 23. März nach Warschau deportiert werden sollte. 

 

Wie Frau Toni Löwenherz in Göttingen, so erhielt auch Familie Kohlberg in Lauenförde im März 1942 die schriftliche Aufforderung zur sogenannten „Evakuierung“.

 

Am Donnerstag, den 26. März 1942 wurden Hedwig Kohlberg (60 Jahre), ihr Sohn Walter (37 Jahre) mit seiner Ehefrau Hilde (32 Jahre) und deren Sohn Joel (3 Jahre), morgens um 6 Uhr durch den Ortspolizisten zum Bahnhof gebracht und bis Göttingen ‚begleitet’. Per Zug ging es dann weiter bis nach Warschau in das dortige Ghetto. Vier Monate nach Ankunft der Familie Kohlberg in Warschau, begann die SS mit der schrittweisen Auflösung des Ghettos. Die so genannte ‚Endlösung der Judenfrage’ wurde verwirklicht. Sollten Mitglieder der Familie Kohlberg bis dahin Krankheiten, Hunger und willkürliche Tötungen im Warschauer Ghetto überstanden haben, fanden sie in Treblinka einen qualvollen Tod.  Mit der Deportation der Familie Kohlberg endete fast 300 Jahre jüdisches Leben in Lauenförde. 

 

Dass sich die Familien Kohlberg und Löwenherz voll in das örtliche Leben integriert hatten und der Gemeinde Lauenförde so viel Gutes haben zukommen lassen, hat sie nicht gerettet. Wenige Jahre der NS-Herrschaft genügten, um sie zu Außenseitern zu machen, sie aller ihrer Rechte, ihres Eigentums, und zuletzt ihres Lebens zu berauben... es sei denn, ihnen gelang noch die rechtzeitige Flucht in das Ausland. 

 

Wie sagte der Altbundespräsident Richard von Weizsäcker:

“Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Sie lässt sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen...  Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.  Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren!“

 

Ansprache von Werner Filmer im Gedenkgottesdienst am 12. Dezember 2010 in der St. Markus-Kirche Lauenförde anlässlich der Verlegung von ‚Stolpersteinen’ am 10. Dezember vor dem Haus Kohlberg und vor der Villa Löwenherz.

Die Fotos wurden freundlicherweise von Achim Rickmeier und Werner Filmer zur Verfügung gestellt. Vielen Dank !




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